Geschichte des Hellenismus - von Alexander bis Kleopatra by Heinen Heinz
Autor:Heinen, Heinz [Heinen, Heinz]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-06-23T04:00:00+00:00
3.4 Der Schwarzmeerraum
Nicht nur an der Süd-, sondern auch an der West- und Nordküste des Schwarzen Meeres (Pontos Euxeinos) hatten sich griechische Kolonisten seit dem 7. Jh. niedergelassen. Von den Dardanellen bis zur Donau war das Hinterland durch Thraker, von der Donau bis zu den nördlichen Ausläufern des Kaukasus durch Skythen und verwandte Steppenvölker besiedelt. Thraker und Skythen waren mächtige Völkerschaften, mit denen die griechischen Küstenstädte in engster und oft sehr gefährlicher Nachbarschaft lebten. Anders als die Perser hatten Thraker und Skythen nur selten stabile «staatliche» Organisationen geschaffen, auf die sich die Griechen hätten dauerhaft einstellen können. Vor den Überfällen der Reiterkrieger aus dem Hinterland konnten sich die Poleis oft nur durch Tributzahlungen schützen. An eine Hellenisierung der skythischen Steppe, vergleichbar etwa der Durchdringung der einheimischen Hochkulturen Kleinasiens, des Nahen Ostens und Ägyptens mit griechischer Sprache, Schrift und Kultur, war überhaupt nicht zu denken. Die stolzen, freien Lebensformen der nomadisierenden Stämme Osteuropas waren mit den Zwängen und Einschränkungen des städtischen Lebens nicht zu verschmelzen. Trotz der ein volles Jahrtausend währenden Symbiose von Griechen und Steppenvölkern im nördlichen Schwarzmeerraum hat sich die griechische Schriftkultur im Hinterland nicht durchsetzen können. Erst die Christianisierung und damit der Sieg einer Buchreligion hat die griechische Schrift in der Form des kyrillischen Alphabets in Osteuropa verbreitet. Die offenbar ganz bewußte Ablehnung der Schrift durch die Reitervölker sollte allerdings keine generellen Zweifel an deren Kulturfähigkeit hervorrufen. In der Kunst, besonders in dem für sie charakteristischen Tierstil, haben diese Völker Bedeutendes geschaffen. Aus ihrer Begegnung mit den Griechen sind besonders im 5.–3. Jh. die unvergleichlichen Zeugnisse der «skythischen Kunst» hervorgegangen (Abb. 8).
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